Ulm, 13. Oktober 2014 – 23.831 Fälle: Dies ist die traurige Bilanz, zu der das Bundeskriminalamt in Bezug auf die 2013 polizeilich erfassten Fälle von Stalking kommt. Überwiegend betroffen sind Frauen – und obwohl 2007 mit der Schaffung des § 237 StGB die Nachstellung zur strafbaren Handlung geworden ist, wissen nach wie vor viele Betroffene nicht, wie sie dagegen vorgehen können.
Sie rufen Tag und Nacht an, um entweder Unverständliches, Bedrohliches oder Beleidigendes hervorzustoßen. Sie hinterlassen Nachrichten auf dem Anrufbeantworter, schicken SMS und deponieren Zettelchen, Liebesbriefe oder auch unerwünschte Geschenke an der Haustür. Sie verfolgen das Opfer oder lauern ihm auf. Die Liste der möglichen strafbaren Handlungen von Stalkern ist lang. Gibt sich der Stalker klar zu erkennen, ist es deutlich einfacher, gegen ihn vorzugehen. Schwieriger wird es für die Betroffenen hingegen, wenn die Übergriffe Überhand nehmen und psychische und physische Gewalt ins Spiel kommt, während die Identität des Täters verschleiert wird.
In vielen Fällen kann der frühere Partner der Frau als Täter überführt werden. Oft ist das Gefühl der Demütigung, beispielsweise durch die Beendigung der Beziehung durch die Frau, ausschlaggebend für die Taten. Auch wenn ein Verliebter partout nicht einsehen will, dass das Opfer zu einer Beziehung mit ihm nicht bereit ist, kann sich dies später in Stalking äußern. Es gibt allerdings auch krankhafte oder sadistisch veranlagte Stalker, die ein mehr oder weniger beliebiges Opfer auswählen, um es gezielt zu kontrollieren, zu dominieren oder zu quälen.
Noch vor wenigen Jahren hatte die Polizei kaum eine Handhabe gegen die Täter. Auch heute noch nehmen viele Polizeibeamte die Probleme der Frauen nicht ernst genug. Viele Frauen fühlen sich unverstanden, zumal die Polizisten die Betroffenen meist vorrangig als Zeugen sehen – deren persönlicher Leidensdruck steht bei den Ermittlungen nur selten im Vordergrund. Die Polizei kann aber eine Gefährdungsanalyse vornehmen und eine Gefährderansprache planen. Dabei informieren die Beamten den Stalker über die strafrechtliche Bedeutung seines Handelns und versuchen ihn so dazu zu bewegen, die Nachstellungen zukünftig zu unterlassen. In vielen Fällen führt diese Methode zum Erfolg, kann allerdings im schlimmeren Fall auch zur Eskalation der Situation und zu Gewalttätigkeiten gegenüber des Stalkingopfers führen.
Parallel zu den Aktivitäten der Polizei sollten sich Stalkingopfer vor allem selbst helfen. Dafür kommen unter anderem folgende Maßnahmen in Frage:
• Kontaktsperre: Dem Stalker sollte mitgeteilt werden, dass man den Kontakt abbricht und keine weitere Kontaktaufnahme wünscht. Diese Kontaktsperre ist auch konsequent einzuhalten und das Telefon auch dann noch zu ignorieren, wenn es zum 50. Mal an einem Tag klingelt. Gibt man irgendwann entnervt doch auf und geht ans Telefon, wird der Stalker ein Erfolgserlebnis für sich verbuchen und zukünftig umso hartnäckiger ans Werk gehen.
• Hilfe durch die Polizei: Wird der Täter handgreiflich oder besteht eine Bedrohungssituation, sollte unverzüglich die Polizei gerufen bzw. bei einer Bedrohung unterwegs die nächste Polizeidienststele angesteuert werden.
• Stalking-Tagebuch: In einem Stalking-Tagebuch sollte das Opfer alle Vorfälle, ob Telefonate, SMS, E-Mails, Briefe oder persönlichen Besuche, exakt festhalten. Zu jedem Eintrag sollte genau festgehalten werden, wann (Datum/Uhrzeit) was wo passiert ist, ob es Zeugen gab und auch etwaige Folgen der Attacke (z. B. pychischer Natur). Briefe sollten aufbewahrt werden. SMS und E-Mails können mittels Computer gesichert und zusätzlich ausgedruckt werden.
• Unterstützung durch das Umfeld: Ist der Stalker besonders hartnäckig, ist damit zu rechnen, dass früher oder später auch das Umfeld mit ihm in Berührung kommt, seien es seltsame Anrufe bei der Arbeitsstelle des Opfers oder der Versuch, Verwandte und Freunde auszuhorchen. Es kann daher sinnvoll sein, diese Personenkreise über die Problemstellung zu informieren.
• Maßnahmen gegen Telefonterror: Betroffene können sich mit ihrer Telefongesellschaft über die technischen Abwehrmöglichkeiten unterhalten. So können sie sich beispielsweise eine Geheimnummer erteilen lassen, eine Fangschaltung einrichten lassen oder einen Zweitanschluss beantragen. Die neue Telefonnummer sollte keineswegs im Telefonbuch stehen bzw. bei der Auskunft erfragt werden können.
Bei besonders beharrlichen Stalkern kann es notwendig werden, einen Umzug zu erwägen. Wichtig ist dann aber, dass dieser völlig im Verborgenen abläuft. Im Idealfall verläuft der Umzug über den Umweg über ein Frauenhaus. Allerdings sollten zunächst weder Familienmitglieder noch Freunde über die neue Adresse informiert werden, um ein versehentliches Herausgeben der Anschrift zu vermeiden. Der Kontakt zur Familie sollte ausschließlich über ein rufnummerunterdrücktes Handy gehalten werden, dessen Rufnummer niemand erhält.
Bevor es jedoch soweit kommt, sollte sich das Opfer professionelle Hilfe suchen. Sind der Polizei (noch) die Hände gebunden, beispielsweise weil die Übergriffe erst seit kurzer Zeit stattfinden, sollte es sich an eine erfahrene Detekteiwenden. Sie kann ihm helfen, die Beweise zu sichern, ein Kontaktverbot oder eine Unterlassungsverfügung zu erwirken und steht ihm auch in gefährlichen Situationen bei.